Glaube als Vertrauen auf Gott bleibt nicht in der stillen Betrachtung stehen. Wer sich mit Jesus auseinandersetzt, erkennt: Der Glaube an seine Botschaft hat Konsequenzen. Glaubensserie von Heinz Niederleitner, Teil 3 von 3
Ausgabe: 2014/47, Fußwaschung, Glaube
18.11.2014 - Heinz Niederleitner
Ich erinnere mich an eine Tauffeier, zu der viele kirchenferne Menschen eingeladen waren. Kurz vor der eigentlichen Spendung des Sakraments wurde wie vorgesehen das Glaubensbekenntnis gesprochen. Dessen Inhalte waren für manche Anwesende etwas Fremdes. Sie mögen sich gefragt haben: Was heißt das jetzt für das Baby? Da sagte der Priester wie zur Erklärung einen mir wichtig gewordenen Satz: „Unser Glaube ist keine Philosophie, sondern eine Art zu leben.“
Gebote für ein friedliches Zusammenleben
Das trifft – bei aller nötigen Differenzierung – einen Punkt, der für mich ganz logisch zum Glauben gehört: Er hat Konsequenzen für das Leben, schon allein durch die Perspektive der Hoffnung, die aus dem Glauben hervorgeht. Aber die Konsequenzen zeigen sich auch im Handeln nach außen. Zum Glaubensgut des Christentums gehören auch Gebote, insbesondere die zentralen Zehn, die Mose gemäß biblischer Überlieferung vom Berg Sinai mitbrachte. Neben ihrer unzweifelhaften Verbindlichkeit und logischen Nachvollziehbarkeit gibt es Anregungen, eine alternative Übersetzung mitzudenken: Nicht nur „du sollst/sollst nicht“, sondern auch: „du wirst/wirst nicht“ (beides ist aus dem hebräischen Text übersetzbar). Mit anderen Worten: Wer fest an den Bund Gottes mit seinem Volk glaubt, der wird sein Verhalten aus diesem Glauben heraus gestalten. Als Einleitungssatz steht in der Bibel vor den Zehn Geboten nicht umsonst die Erinnerung an die Befreiung des Volkes „aus Ägypten, dem Sklavenhaus“ durch Gott. Die Gebote engen nicht ein, sie befreien und machen ein friedliches Zusammenleben möglich.
Wer ist mein Nächster?
Jesus von Nazareth hat die Gebote Gottes auf zwei aktive Sätze zusammengefasst, an denen „das ganze Gesetz und die Propheten“ hängen: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und mit all deiner Kraft. Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. (Mt 22,35–40) In der Gottes- und der Nächstenliebe zeigt sich gelebter Glaube. Beides lässt sich gar nicht scharf trennen: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Im Nächsten ehren wir ein Geschöpf nach dem Ebenbild Gottes. Gleichzeitig wird ein Gottesdienst immer die Anliegen der Menschen mit hinein nehmen. Und die Gewissensfrage „Wer ist mein Nächster“ bleibt zeitlebens Aufgabe eines Christen.
Gegen die Bequemlichkeit
Zum Gottes- und Menschendienst gehört eine dritte Handlung: die Glaubensweitergabe in ihren vielfältigen Erscheinungsformen. Papst Franziskus hat in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ daran erinnert, dass der Missionsauftrag allen Christen gilt: „Jeder Christ und jede Gemeinschaft soll unterscheiden, welches der Weg ist, den der Herr verlangt, doch alle sind wir aufgefordert, diesen Ruf anzunehmen: hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen.“
Besonders wichtig ist Papst Franziskus die soziale Dimension der Evangelisierung: „Die Annahme der Erstverkündigung, die dazu einlädt sich von Gott lieben zu lassen und ihn mit der Liebe zu lieben, die er selbst uns mitteilt, verursacht im Leben des Menschen und in seinem Tun eine erste und grundlegende Reaktion: dass es das Wohl der anderen wünscht und anstrebt als etwas, das ihm am Herzen liegt.“ Deshalb geht die Vorstellung von einem Glauben als reiner Privatsache, die heute oft zu hören ist, an wichtigen Bestandteilen des Glaubens vorbei: Der Einsatz für soziale Gerechtigkeit – in konkreten Hilfestellungen ebenso wie in gesellschaftspolitischem Engagement – spielt sich in der Gemeinschaft ab, in der Politik, in der Wirtschaft, aber auch in der konkreten Nachbarschaft, im alltäglichen Leben.
Christ sein und dienen
Deshalb sind Christen gefordert, sich in der Gesellschaft einzubringen – nicht, um sich hervorzutun, sondern um den Menschen zu dienen, wie Christus sagt: „Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Amen, amen, ich sage euch: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr und der Abgesandte ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat. Selig seid ihr, wenn ihr das wisst und danach handelt.“ (Joh 13,14–17)