In der Pfarre Linz-St. Severin lernen 90 Flüchtlinge Deutsch. Zwölf ehrenamtliche Lehrkräfte sorgen dafür, dass die Chance auf Integration steigt. Die Hilfsbereitschaft in der Pfarrgemeinde ist groß und den wenigen Kritikern wird nicht zu viel Einfluss gegeben.
Eilig errichtet die Polizei im Frühjahr die Linzer Zeltstadt für Flüchtlinge. Mitten im Pfarrgebiet von Linz-St. Severin leben bald fast 300 Menschen, die auf Asyl hoffen. Pater Siegi Mitteregger, der in der Pfarrgemeinde als Kaplan wirkt, reagiert rasch. Er organisiert Deutschkurse in der Pfarre, an denen derzeit von Montag bis Donnerstag an die 90 Flüchtlinge teilnehmen. Syrer, Afghanen, Iraner, Pakistani, die vom Verein Arcobaleno (siehe unten) nach St. Severin geschickt werden. Pater Siegi, der selbst einen der sechs Deutschkurse leitet, sagt im Gespräch mit der KirchenZeitung: „Wir können das ganze Flüchtlingsdilemma nicht lösen und brauchen das auch nicht. Aber wir sollen das machen, was möglich ist.“ Nicht möglich wäre es etwa, in der Pfarre Flüchtlinge unterzubringen. Das Pfarrgebäude ist zu sanierungsbedürftig und für Gruppen nicht mehr bewohnbar.
Lehrer helfen
Die Hilfsbereitschaft in der Pfarre ist sehr groß. Viele Menschen aus der Pfarre spendeten spontan für die Asylsuchenden. Ein Transparent, das am Eingang der Pfarre hängt, signalisiert christliche Nächstenliebe und Warmherzigkeit: „Herzlich willkommen zu den Deutschkursen“. Mitten in der Ferienzeit haben sich zwölf Lehrerinnen und Lehrer freiwillig für die Deutschkurse gemeldet. Eine von ihnen ist Gerhild Hardt-Stremayr, Deutschlehrerin an der HBLA für künstlerische Gestaltung. Während des Schuljahres ist sie auf ihrem Arbeitsweg jeden Tag an der Zeltstadt vorbeigekommen. „Ich möchte persönlich helfen!“, fasst sie einen Vorsatz, den sie nun verwirklicht. „Ein gutes Gefühl“, sagt sie. Nur wenn die Flüchtlinge Deutsch lernen, haben sie eine Chance auf Integration, weiß die Lehrerin. „Das anonyme Flüchtlingsthema bekommt durch diese Arbeit ein Gesicht“, meint Gerhild Hardt-Stremayr.
Mohammads Albtraum
Da ist der 25-jährige Automechaniker John, der aus Ghana über das Mittelmeer nach Europa floh und der froh ist, dass er mittlerweile vom Zelt in eine feste Unterkunft umziehen konnte. Elham (38), die als Christin im Iran mit der Todesstrafe bedroht wird. Oder der Syrer Mohammad (28) aus Damaskus, ein Sportlehrer, der vor den Bomben und vor dem Militärdienst flüchtete. Sein Albtraum: eines Tages mit einem Maschinengewehr auf seine eigenen Leute schießen zu müssen. „Ich wollte nicht sterben und ich wollte nicht töten“, erzählt der junge Mann in einer Kurspause. Seine Verlobte ist noch in Syrien. Über Internet und Handy ist er in ständigem Kontakt mir ihr. Mohammad sagt, dass er für den Deutschkurs sehr dankbar ist. „Es sind gute Leute hier, die Lehrer sind sehr freundlich.“ Konzentriert sitzt er in dem Kurs, versucht möglichst schnell zu lernen. In den Räumen der Pfarre herrscht ein angenehmes Klima. Die Flüchtlinge unterstützen sich gegenseitig. Wer Christ oder Muslim ist, Syrer oder Iranerin, ist während der Deutschstunde nebensächlich.
Umgang mit Kritikern
Am Anfang gab es auch Bedenken in der Pfarre. Ob die Gäste nicht sehr viel Dreck hinterlassen würde, fragten sie Pater Siegi Mitteregger. Die Erfahrung beweist das Gegenteil. „Kein Papier oder Zigarettenstummel am Boden“, betont er. Vereinzelten Kritikern sind die Flüchtlinge immer noch ein Dorn im Auge. Sie sprechen den Ordensmann gelegentlich am Pfarrspielplatz an. Auf lange Diskussionen lässt er sich nicht ein. „Die sind stur, schwer zu überzeugen und wir lassen uns von unserem Engagement sicher nicht abhalten.“ So werden die Deutschkurse auch nach den Ferien mit pensionierten Lehrer/innen fortgesetzt.
Anspannung ist kurz weg
Mohammad wird dann seinen Deutschkurs schon abgeschlossen haben. Das Warten und Bangen um seine Zukunft wird im Herbst wohl noch nicht vorbei sein. Die Anspannung ist dem 28-jährigen im Gespräch deutlich anzumerken. Doch es gibt einen Moment, als er sehr gelöst wirkt. Mohammad strahlt, als er von der Pro-Asyl-Demo in der Linzer Innenstadt berichtet. Ich war so glücklich, als ich diese vielen freundlichen Leute am Hauptplatz gesehen habe.“ Die Botschaft „Flüchtlinge sind willkommen“ ist bei ihm angekommen.
Deutschkurse
Der Verein Arcobaleno verwaltet die Deutschkurse. Die Pfarre Linz-St. Severin und die Dompfarre helfen mit. Die Pfarren stellen die Räume kostenlos zur Verfügung und tragen auch die Kopierkosten mit. In der Dompfarre wird auch ein „Sprachcafé“ geführt.