Bischöfe, Jesuiten und eine Tochter von Kaiserin Maria Theresia: Ihre Gräber liegen verborgen unter dem Mariendom und dem Alten Dom in Linz. Hier verbinden sich Lebensgeschichten, Begräbnisrituale und die Hoffnung, nicht vergessen zu werden.
Wenn Pfarrer Maximilian Strasser die Messe in der Krypta liest, steht er auf einem Namen: Franciscus Josephus Rudigier ist auf der Steinplatte im Boden zu lesen. Im Winter findet die Wochentagsmesse nicht im Mariendom statt, sondern in der Unterkirche. Auf den Gräbern der Linzer Bischöfe.
Gottesdienst auf den Gräbern
„Die meisten haben sich daran gewöhnt, auf den Grabplatten zu stehen“, sagt der Dompfarrer. Er hat sich Zeit genommen, um über die Toten zu sprechen. Acht Bischöfe – von Franz Joseph Rudigier bis Franz Salesius Zauner – und Erzbischof Alois Wagner sind hier begraben. Große Platten markieren die Gruben, in denen Holzsärge in einem zinnernen Übersarg eingeschlossen wurden. In lateinischer Sprache ist das Wichtigste der bischöflichen Amtszeiten festgehalten. Ein Segen, dass Pfarrer Strasser das Lateinische so gut beherrscht. Was steht zum Beispiel über Rudolph Hittmair geschrieben, Bischof von 1909 bis 1915? „Er war ein Opfer der christlichen Nächstenliebe“, liest Pfarrer Strasser und erläutert den politisch brisanten Hintergrund: Der katholische Bischof Hittmair hatte in Linz serbische orthodoxe Kriegsgefangene – die Feinde Österreichs im Ersten Weltkrieg – gepflegt und sich dabei mit Typhus angesteckt. Sein Nachfolger Johannes Maria Gföllner führte den Bau des Mariendoms zu Ende. Er hat während der Nazizeit „die Rechte der katholischen Kirche mit wachsamer Sorge gegen heftige Gegner verteidigt“. Die Rassenlehre lehnte er ab, auch ein persönliches Treffen mit Adolf Hitler bei seinem Besuch im Dom. Entschiedener trat aber sein Nachfolger Josephus Calasanz Fließer gegen den Nationalsozialismus ein. Er gründete Kaplaneien, um Priester vor dem Kriegsdienst zu bewahren. Das letzte Begräbnis war jenes von Erzbischof Alois Wagner im Jahr 2002. Bischof Franz Salesius Zauner wurde 1994 im Neuen Dom begraben. Er wurde im Zweiten Vatikanischen Konzil in die Liturgiekommission gewählt – „mit den meisten Stimmen, die ein Bischof damals erhielt“, erzählt Maximilian Strasser. Zu seinem umfangreichen Wissen gehören auch kleine Begebenheiten: Der passionierte Motorradfahrer Zauner wurde in seiner Lederkluft manchmal nicht erkannt. Eine Tafel in der Wand erinnert an vier weitere Bischöfe. Sie führten die Diözese kurz nach ihrer Gründung ab dem Jahr 1785 bis 1852. Begraben wurden sie in der damaligen Bischofskirche, der Linzer Ignatiuskirche. Ein Grund mehr, um im sogenannten Alten Dom hinunter in die Krypta zu steigen.
Ordensmänner und eine Frau
„Es ist eine schöne Verbindung zwischen Leben und Tod“, sagt Pater Michael Meßner. „Jeder der Brüder weiß, dass er eines Tages hierherkommt.“ Der Kirchenrektor und Superior der Jesuiten in Linz weist den Weg in die schlichte Krypta. Sie verbindet unterirdisch das Ignatiushaus des Ordens mit der Kirche. Viele der Verstorbenen hat P. Michael Meßner noch persönlich gekannt, darunter P. Heinz Urban, der bis zu seinem Tod 2008 als Kirchenrektor an der Marienkirche in Steyr wirkte. Die Holzsärge werden hier nicht im Boden versenkt, sondern in Wandnischen geschoben und eingemauert. „Es heißt, dass nach 40 Jahren nichts mehr davon übrig ist“, sagt P. Meßner. Kleine Metalltafeln tragen die Namen, Geburts- und Sterbedaten. Der letzte war P. Vitus Geisler. P. Michael Meßner erzählt vom Begräbnis im vergangenen Sommer. Von der großen Trauergemeinde, die dem Sarg des ehemaligen Direktors am Kollegium Aloisianum auf dem Linzer Freinberg folgte. Neben den weiß getünchten Wänden fällt ein dunkler Zinnsarg auf. Er erinnert daran, dass in Krypten auch Adelige bestattet wurden: Maria Elisabeth, eine Tochter von Kaiserin Maria Theresia, starb 1808. Die Äbtissin des Adeligen Damenstifts in Innsbruck floh vor Napoleon nach Linz. Einst sehr schön, war sie von Pocken schwer gezeichnet und wegen ihrer scharfen Zunge gefürchtet. Schmunzelnd erzählt P. Meßner ihre schillernde Geschichte, dann führt er in einen scheinbar vergessenen Teil der Krypta. Weitere Brüder liegen hier in den Mauern, darunter P. Josephus Koller, gestorben 1785. „Die Gräber in der Krypta sind für mich selbstverständlich“, sagt P. Michael Meßner und steigt die Stufen hinauf zur frischen Luft.