Von 25. bis 30. April lädt das Linzer Filmfestival "Crossing Europe" zu einer Reise durch Europa ein.
Ausgabe: 2014/16, Crossing Europe, Film, Filmfestival, Europa
15.04.2014 - Markus Vorauer
Vielleicht ist der neue Film des italienischen Regisseurs Alberto Fasulo der programmatische Beitrag der heurigen Ausgabe des Filmfestivals „Crossing Europe“. „Tir“ zeigt Europa aus der Sicht eines Lastwagenfahrers. Er hat die Kabine seines Trucks zu seinem Wohnhaus umfunktioniert, ausgestattet mit Bett, Dusche und Kochnische. Die Kabine wird zum Spiegel einer globalisierten Welt, in der der Ex-Lehrer dreimal so viel verdient wie im früheren Beruf. Der Kontakt zur Familie reduziert sich auf Handygespräche.
Von Science Fiction bis Dokumentation
„Crossing Europe“ eröffnet am 25. April mit sechs Filmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber gerade darum den Facettenreichtum des europäischen Films belegen. Mit „Under the skin“ von Jonathan Glazer wird ein mit Scarlet Johansson hochkarätig besetzter Science-Fiction-Film präsentiert, der visuell und akustisch überzeugt. Eine vergnüglichere Kost ist Valeria Bruni Tedeschis „Un chateau en Italie“. Sie beleuchtet die eigene Lebens- und Familiengeschichte auf ironisch-charmante Weise. „L´escale“ des iranisch-schweizerischen Regisseurs Kaveh Bakhtiari fokussiert das Schicksal seines Cousins. Er hat auf der Suche nach einer besseren Zukunft den Iran Richtung Westen verlassen und sitzt nun in einer Art Waschküche in Athen fest. Die kaum zumutbaren Lebensbedingungen beleuchtet Bakhtiari auf kühl-distanzierte Weise. Wie immer stark vertreten ist das österreichische Filmschaffen. Ella Raidel präsentiert ihren Dokumentarfilm „Double Happiness“, eine filmische Reise nach China, wo der Ort Hallstatt in einer perfekten Kopie nachgebaut werden soll.
Über 180 Filme
Aus den insgesamt 184 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen aus 37 Ländern, die Christine Dollhofer für das Programm ausgewählt hat, muss noch auf folgende Filme hingewiesen werden: Ein bemerkenswertes Double-Feature ist der Regisseurin Claire Simon gewidmet, die mit „Gare du Nord“ und „Géographie humaine“ den berühmten Nordbahnhof von Paris ausgewählt hat. Hier halten Züge aus den Vororten, der Provinz und aus dem Ausland, multikulturelle Begegnungen sind die logische Folge. Simon filmt diesen Ort als Nicht-Ort der flüchtigen Begegnungen, der prekarisierten Arbeit, der Kontrolle und der kriminellen Machenschaften. „Via Castellana Bandiera“ von Emma Dante spielt in Palermo. Sie hat einen in der Gegenwart situierten Großstadtwestern gedreht, wobei die Kontrahenten ausschließlich Frauen sind. Zu den Höhepunkten zählt Thierry de Perettis Film „Les Apaches“, in dem er die Postkartenidylle Korsikas gnadenlos entzaubert. Eine Gruppe Jugendlicher nützt die Abwesenheit der Besitzer einer luxuriösen Villa, um sich dort ausgiebig zu amüsieren. „Les Apaches“ zeigt mit kühler Präzision eine Welt ohne Moral. Um „Crossing Europe“ muss man sich keine Sorgen machen, um Europa schon, wie dieser großartige Film belegt. Programm unter www.crossingeurope.at