Einen Fetzenzug in den eigenen vier Wänden hat Erika Fellner aus Ebensee erschaffen: 100 Figuren aus Keramik modellierte sie je nach Wetterlage im Keller oder am Balkon. Zwei Jahre hat sie dafür gebraucht. Jetzt ist Schluss: Das Werk ist vollendet.
Ausgabe: 08/2017
21.02.2017 - Elisabeth Leitner
Den Gedanken, den Ebenseer Fetzenzug in Keramik zu formen, hatte die 56-jährige Ebenseerin schon länger. Vor zwei Jahren hat Erika Fellner begonnen, ihre Idee umzusetzen. An einer Keramikfigur arbeitete sie vier bis fünf Tage. Modellieren ist für sie aufwändige Feinarbeit: „Ich lege großen Wert auf Details. Die Fetzen müssen originalgetreu sein, keinesfalls Fantasiegebilde – und das Wichtigste: Es muss Leben in die Figuren kommen!“, beschreibt Erika Fellner ihre Herangehensweise. Die „Mini-Fetzen“ – sprich Figuren – kommen bei 960° zum Rohbrand in den Ofen. Nach Kühlen und Anbringen einer Transparentglasur folgt der Glasurbrand bei 1040 Grad. Für die Pritschenmeister steht noch eine dritte Runde im Ofen an, der sogenannte „Goldbrand“. Lustige Gesellen. Die Keramik-Figuren von Erika Fellner werden wie beim Umzug am Fetzenmontag von den Pritschenmeistern angeführt, die für Ordnung zu sorgen haben. Dahinter folgt das Prinzenpaar samt Fähnrich, dann marschieren Fetzengarde und Musikkapelle. Im bunten Feld der „Fetzen“ finden sich Musikanten, eine Paschergruppe, Figuren mit Kinderwagen, ausgelassene Typen und lustige Gesellen. Auch ein sich küssendes Liebespaar kann man in der bunten Keramik-Fetzenschar entdecken. Rechtzeitig vor dem echten Ebenseer Fetzenzug am 27. Februar ist Fellners Kunsthandwerk fertig geworden – somit steht ihrer Teilnahme nichts im Wege. «
Volkskultur: der Ebenseer Fetzenzug
Im Jahr 2011 ist der Ebenseer Fetzenzug zum immateriellen österreichischen UNESCO-Kulturerbe erklärt worden. Vor 120 Jahren hat sich in Ebensee ein eigentümlich wirkender Faschingsbrauch entwickelt und bis heute erhalten: der Fetzenzug am Faschingsmontag. Ob von den Ausseer „Flinserln“ abgeschaut oder als Parodie auf bürgerliches Faschingstreiben eingerichtet, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Statt sich mit teuren Stoffe zu kleiden, verwendete man in Ebensee alte Frauenkleider, die mit Stofffetzen und ähnlichem Zierrat geschmückt wurden. Gleichzeitig verdeckte man sich das Gesicht, um der Obrigkeit, den „geliebten“ Nachbarn und Verwandten endlich die Meinung sagen zu können, der Fachbegriff dafür ist das „Austadeln“.
Aus diesen als „Fetzen“ bezeichneten Faschingsnarren formte sich ein Umzug, der von der Ortschaft Kohlstatt bis zum Rathaus der Marktgemeinde Ebensee führt. Der Fetzenzug zählt zum Höhepunkt des Ebenseer Faschings: Heuer findet er am 27. Februar statt, Beginn: 15 Uhr.