SEI SO FREI konnte sein Entwicklungsprgramm VIFAFI am Viktoria-See in Tansiana beenden. Die Menschen kommen allein zurecht. Ein Grund zur Freude für die unzähligen Oberösterreicher/innen, die dafür gespendet haben. Ihr Geld ist angekommen.
Ausgabe: 2016/44, SEI SO FREI, Tansania, Entwicklungshilfe, Spenden
31.10.2016 - Josef Wallner
Ein Schuss Wehmut schwingt mit, wenn Franz Hehenberger vom Abschluss des VIFAFI-Programms erzählt. Für den Geschäftsführer von SEI SO FREI hieß es vor wenigen Monaten Abschied nehmen: von einer Reihe von Dörfern in der Mara-Region am Viktoria-See (Tansania), wo die entwicklungspolitische Organisation der Katholischen Männerbewegung Oberösterreichs 15 Jahre lang Menschen beim Aufbau einer Lebensgrundlage geholfen hat. Aber die Freude und der Stolz überwiegen bei Weitem, weil die Leute nun auf eigenen Füßen stehen. Exakt 1625 Familien haben sich in den Guppen des VIFAFI-Entwicklungsprogramms organisiert: um Gemüseanbau und Vermarktung zu lernen, um gemeinsam Zisternen zu bauen oder Wasserleitungen zu legen. Im Gesamten haben an die 100.000 Menschen profitiert. Auf jedem Spendenaufruf einer Entwicklungsorganisation steht in dicken Lettern, dass das Projekt selbstverständlich als Hilfe zur Selbsthilfe angelegt ist. Bis dieses Ziel aber wirklich erreicht ist, müssen alle Beteiligten – die Helfer und die Betroffenen – einen weiten Weg mit viel Auf und Ab gehen.
Hier herrschte Hunger
Noch Anfang des neuen Jahrtausends hungerten die Leute in den späteren VIFAFI-Dörfern oft zweimal im Jahr, obwohl der Boden fruchtbar war. Die Agrarexpertin Saria A. Anderson, die das Projekt für SEI SO FREI leitet, begann mit der Zucht passender Pflanzen, experimentierte mit den Leuten auf Pilotfeldern und organisierte eine planmäßige Bewässerung. Rasch stellten sich erste Erfolge ein, die immer mehr Menschen neugierig machten und überzeugten. Ein wichtiger Schritt war auch die Aufforstung. Die Frauen mussten oft täglich fünf bis acht Kilometer zu Fuß zurücklegen, damit sie für nur einen einzigen Tag genug Brennholz zum Kochen hatten. In dem feucht-heißen Klima schießen Setzlinge innerhalb weniger Jahre so rasch in die Höhe, dass sie als Feuerholz verwendet werden können. Warum nicht rund um das Haus Bäume pflanzen? – Hier musste Saria Anderson gegen eine tiefsitzende Überzeugung der Leute ankämpfen: In den Bäumen wohnen Geister, da wird man sich doch keine Bäume an die Häuser setzen. „Zum Glück ist im ersten Jahr, als einige Familien das versucht haben, nichts passiert, kein Kind gestorben“, sagt Hehenberger. So wurde die Hürde überwunden. Noch schwieriger war es , gegen die weibliche Genitalverstümmelung anzugehen. Obwohl in Tansania seit 1990 verboten, war sie in diesem abgelegenen Gebiet gang und gäbe. Die Tabus schienen unerschütterlich: Nur eine beschnittene Frau findet einen Mann, darf seine Kühe berühren und melken und vieles mehr. Die Unterstützung der Beschneiderinnen bei der Suche nach neuer Arbeit und Aufklärung in der Schule führten zum Durchbruch. Hehenberger: „Es dauerte nicht lange und das erste Mädchen ist vor der Beschneidung davongelaufen.“ Die Genitalverstümmelung gehört in den VIFAFI-Dörfern jetzt der Vergangenheit an. Bei den Abschlussbesprechungen waren die Bewohner der Mara-Region ehrlich: So leid ihnen die Beendigung des Programms tut, das von 2000 bis 2015 1,8 Millionen Euro in das Gebiet brachte, sind sie doch stolz, dass sie allein zurechtkommen. SEI SO FREI hat Kräfte für ein neues Programm in zwei Nachbarbezirken freibekommen. Der Erfolg von VIFAFI hatte sich längst herumgesprochen. 60 Dorfgruppen haben sich umgehend gemeldet, rund 15.000 Leute sind in eine bessere Zukunft gestartet.