Mit ihrer Musik schaffen sie es, Menschen zu verbinden und soziale Grenzen zu sprengen. Die ASO-Kids Band Langenstein, die Kinder mit Beeinträchtigung vor den Vorhang holt. Und die Schulband der HAK Schärding, die gemeinsam mit Häftlingen der Justizanstalt Suben Rocksongs zum Besten gibt.
An der Wand hängen an die zehn Gitarren – Akustische und E-Gitarren in verschiedenen Größen und Ausgaben stehen zur Auswahl. Ihre Klangfarben sind unterschiedlich. Dazu kommen noch E-Piano, Schlagzeug, Trommeln, Rasseln. Der Probenraum der ASO-Kids-Band Langenstein wirkt bunt und lebendig. Genauso wie jene 15 Musiker/innen, die sich hier wöchentlich treffen, um gemeinsam Musik zu machen. Eric ist einer von ihnen. Der 14-jährige Schüler der ASO-Kids-Band macht Percussion. „Ich bin dabei, weil es mir Spass macht!“, erklärt Eric, der in seiner Freizeit gerne Lego spielt oder mit Baumaschinen durchs Wohnzimmer fährt. Kinder von sieben bis 18 Jahren besuchen die Allgemeine Sonderschule Langenstein. Seit 2008 gibt es die Möglichkeit, im Rahmen des Schulbetriebs in einer Band zu musizieren. Bettina Auböck leitet die ASO-Kids-Band. Ihr ist wichtig, dass jene Kinder, die sonst oft hinter dem Vorhang stehen, nach vorn geholt werden und durch die Musik lernen, aus sich herauszugehen. Dem ersten Auftritt im Gründungsjahr 2008 folgten viele weitere bei Schulfesten, beim Maibaum-Aufstellen oder bei Besuchen im Altersheim. Am 26. Juni wird die ASO-Kids-Band live in Perg am Hauptplatz zu hören sein (19 Uhr). „Musik fördert das Gemeinschaftsgefühl und die Beziehungspflege. Das wirkt sich auch positiv im Unterricht aus“, sagt Bettina Auböck, die betont, dass ohne die Unterstützung des Direktors Erich Pammer das Projekt ASO-Kids-Band nicht machbar wäre. Er sieht Musik als universelle Sprache, die jede/r versteht. Eine Erfahrung, die auch Religionslehrer Thomas Diesenberger (siehe auch Interview rechts) teilt. Er hat im Herbst 2013 gemeinsame Proben der Schulband der HAK Schärding mit der Band der Justizanstalt Suben mit initiiert. Fünf Jugendliche und vier Häftlinge treffen sich alle zwei Wochen zum Proben im Gefängnis.
„Häftlinge waren nur noch Musiker“
Höhepunkt des Projekts war vor einem Monat ein gemeinsames Konzert in der Justizanstalt. „Am Anfang hatte ich schon ein mulmiges Gefühl“, erinnert sich Viktoria Aumaier an die Anfänge des Projekts. Beim gemeinsamen Proben verflogen die Zweifel schnell. „Die Häftlinge waren dann nur noch Musiker. Alle waren total bemüht und lieb zu uns“, meint die 20-jährige HAK-Schülerin. Beeindruckt hat sie, dass die Häftlinge für die Proben von ihrem wenigen Geld Getränke und Snacks kauften. Für die Mitglieder der Häftlingsband ist das gemeinsame Musizieren eine wichtige Abwechslung im sonst eher grauen Alltag. Ein Mitglied der Gefängnisband formulierte das bei der Verleihung des Solidaritätspreises so: „Wenn die Schüler/innen zur Band-Probe kommen, ist das, wie wenn man große Atemnot hat und dann bekommt man einen Spray und hat wieder Luft.“
„Gefängnisse sind zur Resozialisierung da“
Religionslehrer Thomas Diesenberger hat Schüler/innen und Häftlinge zum gemeinsamen Musizieren gebracht. Was er von Bestrafungsgedanken hält und wie es mit dem Projekt weitergehen soll, erzählte er der KirchenZeitung. Wie hat sich Ihr Bild von Gefängnis durch das Projekt verändert? Thomas Diesenberger: Ich sehe jetzt in den Häftlingen mehr die Menschen als die Tat. Ich bin in der Justizanstalt Suben vielen Menschen begegnet, die versuchen, ihr Leben zu meistern. Ich habe gelernt, wie wichtig für Häftlinge Treue und Zuverlässigkeit sind. Sie müssen darauf warten, dass wir kommen wie vereinbart, sie können nicht aus.
Welche Rolle spielen im Gefängnis die Freizeitaktivitäten, wie das Musizieren? Diesenberger: Diese sind ein wichtiger Faktor für die Resozialisierung. Es macht das geschlossene System Gefängnis etwas „durchlässiger“.
Sollen Gefängnisse in erster Linie Bestrafungsanstalten sein? Diesenberger: Jedes Tun verlangt nach einer Konsequenz. Auf der anderen Seite muss man auch verzeihen und vergeben können. Gefängnisse sind in erster Linie dazu da, dass Menschen wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden, und nicht zur Bestrafung. Diesen Grundsatz sollte man in Österreichs Gefängnissen mit mehr Leben erfüllen.
Wie soll die Zusammenarbeit zwischen Schulband und Gefängnisband fortgeführt werden? Diesenberger: Es hat bei der Verleihung der Solidaritätspreises Gespräche gegeben, dass die Häftlinge und Schüler/innen weitermachen möchten. Mich freut, dass die Jugendlichen auch nach ihrer Matura zum Proben in die Justizanstalt Suben kommen wollen.
Beide Projekte hat die Kirchenzeitung heuer mit dem Solidaritätspreis ausgezeichnet.