Eine Entscheidung steht an: Zusperren oder weitermachen
Der Pfarrgemeinderat von Braunau-St. Franziskus hat Mut: Er denkt nach, ob die Pfarre bestehen bleiben oder ob man sie auflösen soll. Wie bisher weiterzumachen, geht nicht mehr. Bei einer Pfarrversammlung will man Klarheit schaffen.
Ausgabe: 2016/25
21.06.2016 - Josef Wallner
Die Kübel und Schaffel, die am Gang des vierzig Jahre alten Pfarrzentrums stehen, zeigen deutlich: Das Gebäude muss dringend saniert werden. Die knapp 1700 Katholiken zählende Pfarrei in der Braunauer Vorstadt kann, die Diözese will die Kosten derzeit nicht aufbringen – zumindest solange nicht, bis Klarheit herrscht, wie die Pfarre ihre Zukunft gestalten will. Der bauliche Zustand verhindert, dass man sich um eine Antwort herumschwindelt.
Der zweite Grund, über das Fortbestehen der Pfarre nachzudenken, ist die personelle Situation. Dagmar Ruhm ist noch bis 2019 als Pfarrassistentin bestellt, dann wird der Posten nicht mehr nachbesetzt. Der Personalplan der Diözese sieht stattdessen eine einzige Pastoralassistent/innen-Stelle für die gesamte Stadt Braunau vor. Pfarrmoderator P. Severin Piksa OFM, der zugleich Pfarradministrator in Ranshofen ist, macht sich Sorgen: „Wenn unsere Pfarrassistentin fehlt, dann wird es nicht mehr funktionieren. Ich weiß, was sie leistet.“
Und schließlich kommen immer weniger Leute in den Gottesdienst und zu den Veranstaltungen. Das Interesse an Kirche und Pfarre schwindet zusehends. Auch die Mitarbeiter/innen werden immer älter. Außer der Pfarrassistentin und dem Pfarrmoderator ist Leopoldine Krenn das einzige berufstätige Mitglied des Pfarrgemeinderates. Alle anderen sind in Pension.
Impulsgeberin St. Franziskus
Ein Weg der Pfarre Zukunft zu geben, wäre der Aufbau eines Seelsorgeteams. Doch das gelang nicht. „Für Events finden wir immer die Leute, aber die vielen Sonntage dazwischen sind mager“, sagt Krenn. Dabei herrscht in St. Franziskus ein guter Geist. „Wer da ist, schätzt die Liturgie. Die Leute mögen sich und helfen zusammen“, sagt Pfarrgemeinderatsobfrau Eleonora Zarl. Sie macht auch auf die vielen Impulse aufmerksam, die von der Pfarre St. Franziskus ausgegangen sind. Anfang der 1970er-Jahre gegründet, kann sich die Bilanz der Pfarre sehen lassen. Die „Arnsdofer Tafel“ in Bayern nahm in St. Franziskus ihren Ausgang, ebenso die Idee eines Frauenhauses und 25 Mal wurden in St. Franziskus Glaubensseminare abgehalten – sehr erfolgreich, bis vor kurzem der Einbruch kam.
„Wir sind oftmals Veranstalter, Teilnehmer der Veranstaltungen und Konsumenten des Buffets, das wir selbst gemacht haben. Alles in einem. Wir kreisen um uns selbst“, meint Krenn. Gleichzeitig ist das Pfarrzentrum bestens ausgelastet. Die Räume sind begehrt. „Aber mit uns als Pfarre wollen die Leute nichts zu tun haben. Was wir bieten, fehlt den Menschen nicht.“
Missionarische Initiative
Eleonora Zarl wünscht sich, dass St. Franziskus als Pfarre das Herz der Braunauer Neustadt bleibt. Wie das gehen soll, dafür hat sie kein Patentrezept. Das Fest vor knapp zwei Wochen zum 40-Jahr Jubiläum des Pfarrzentrums hat ihr Mut gemacht. Ebenso wie P. Severin: „Es waren so viele Leute da. Es war einfach schön. Wir dürfen mit Gottes Hilfe rechnen.“ Dagmar Ruhm denkt, dass eine missionarische Initiative eine wichtige Antwort auf die Krise sein kann: „Jede und jeder muss sich bewusst werden: Ich bin Christ, ich bin Christin: Wenn ich niemanden anrede und einlade, dann tut es sonst keiner.“
Pfarrer, Pfarrassistentin und die beiden Pfarrgemeinderätinnen sind sich einig. Entscheidend wird die Pfarrversammlung im Oktober 2016 sein. Da müssen die Weichen gestellt werden. Leopoldine Krenn hält mit ihren Vorstellungen nicht hinter dem Berg: Sollte bei der Pfarrversammlung nicht ein deutliches Signal zum Weitermachen kommen, ist sie dafür, einen klaren Schlusspunkt zu setzen. Das heißt: Nicht zu warten bis die Pfarraktivitäten so nach und nach aufhören, sondern die Pfarre aufzulösen. Aus eigener Entscheidung. Und eventuell St. Franziskus zu einer Filialkirche der Pfarre St. Stephan zu machen.