„Ein Problem zu haben, ist quasi nicht normal auf der Maturareise“
Die junge Theologin Stefanie Brandstetter ist Seelsorgerin auf der Massen-Maturareise Summer Splash. Was sie dazu motiviert und mit welchen Problemen sie konfrontiert ist, erzählte sie der KirchenZeitung.
Ausgabe: 2016/26
29.06.2016 - Interview: Paul Stütz
Wie hast du deine eigene Maturareise in Erinnerung? Stefanie Brandstetter: Ich war damals nicht auf Summer Splash, wie die andere Hälfte unserer Schulklasse. Ich habe zu der Hälfte der Klasse gehört, die auf Faliraki in eine Pension gefahren ist. Das war sehr nett, wir haben schon unsere langen Nächte gehabt, aber auch viel Sightseeing gemacht. Wir haben uns viel selbst organisiert. Ich bin nicht der Festivaltyp, aber wenn man gerne groß Party feiert, ist Summer Splash perfekt.
Müssen sich Eltern Sorgen machen, wenn ihre Kinder auf Summer Splash fahren? Brandstetter: Nein, definitiv nicht, es ist alles sehr sicher. Meine Erfahrung ist, dass die Maturanten dort ständig unter Beobachtung sind. Wenn du betrunken ins Meer gehst, wirst du rausgeholt. Die Securities passen total auf. Summer Splash ist auch nicht wie Sodom und Gomorrha. Ich glaube, bei jedem Dorf-Zeltfest läuft schneller etwas aus dem Ruder. Es gibt klare Regeln, auf die genau geachtet wird. Bedenkt man, dass eine Woche lang 3000 Jugendliche Vollgas feiern, passiert sehr wenig.
Wie kommt es dazu, dass du als Seelsorgerin dabei bist? Brandstetter: Meine ältere Schwester Katharina hat den Veranstaltern angeboten, beim Summer Splash als Seelsorgerin zu arbeiten, ich habe das von ihr übernommen. Ich bin jetzt bereits zum vierten Mal dort.
Mit welchen Problemen wenden sich die Leute an dich? Brandstetter: Ganz viel Liebeskummer ist dabei, manche haben auch Heimweh. Wenn wer ins Krankenhaus kommt, z. B. mit Armbruch oder geplatztem Trommelfell, mache ich einen Besuch. Viele Jugendliche haben außerdem Perspektivenprobleme, nach zwölf Jahren Schule, in denen ständig die Eltern entschieden haben. Sie haben die Entscheidung vor sich, was sie aus ihrem Leben machen sollen. Damit kommen viele nicht klar.
Hast du dort selbst noch Zeit zum Feiern? Brandstetter: Kaum, ab und zu trinke ich ein Bier, wenn ein guter Künstler ist, höre ich ihn mir an. Ansonsten bin ich 24 Stunden sieben Tage die Woche permanent erreichbar.
Das klingt sehr anstrengend, was motiviert dich, das alles zu tun? Brandstetter: Ich habe das Gefühl, das ist ein großes pastorales Ding. So viele Jugendliche auf einem Fleck kann ich in Österreich nirgendwo erreichen. Ich bin keine kirchliche Mitarbeiterin dort, sondern ich bin dort als Person. Ich versuch, niemanden zu missionieren, ich haue auch nicht mit dem Moralhammer drauf. Wenn wer fragt, steh‘ ich Rede und Antwort. Es entstehen immer wieder theologische Diskussionen. Aber meine Hauptmotivation ist, dass ich da bin und zuhöre. Ein Problem zu haben, ist quasi nicht normal auf der Maturareise, denn eigentlich ist man dort, um Party zu machen, Spaß zu haben. Da bin ich ein Stück Anders-Ort, der die Gelegenheit bietet, eben schon über Probleme zu sprechen.
Kannst du etwas für den normalen Arbeitsalltag als Seelsorgerin nach Hause mitnehmen? Brandstetter: Dieses „an Orte Gehen, an denen dich keiner vermutet“. Wer rechnet beim Summer Splash schon mit einer Theologin? Ich habe das Gefühl, wir schwimmen in der Diözese immer in der eigenen Suppe. Ich weiß nicht, wieviel Sinn es hat, immer neue Angebote zu schaffen. Ich glaube, es wäre geschickter, an solche Orte zu gehen und zu fragen, was willst du von mir. Ich merke beim Summer Splash, dass es funktioniert und mit ganz vielen Leuten etwas macht.
Was ist für dich selbst eigentlich der ideale Urlaubstag? Brandstetter: Wenn ich an einem Tag ein ganzes Buch auslesen kann, in der Sonne liegen kann. Und mir dabei nicht denken muss, wann ist der nächste Termin. Das ist mir dann egal, wo das ist.