Der 20-jährige Friseurlehrling Mahmuti Besart hilft Menschen am Rande der Gesellschaft mit Gratis-Haarschnitten. Was treibt den jungen Welser an?
Ausgabe: 2016/03, Besart, Solidaritätspreis
19.01.2016 - Paul Stütz
Mindestens einmal im Monat taucht Mahmuti Besart in der Welser Obdachlosen-Einrichtung „Essen und Leben“ auf. Er kommt meistens freitags nach Dienstschluss und schneidet kostenlos die Haare. Die Armut hat in Wels viele Gesichter. Obdachlose, Roma-Familien, Mindestpensionisten, Flüchtlinge. Nachdem sie bei „Essen und Leben“ ihre leeren Mägen gefüllt haben, nehmen viele von ihnen gerne auf Mahmutis Friseursessel Platz. Die jüngste „Kundin“ des Lehrlings war erst vier Jahre alt. „Die eigenen alltäglichen Probleme wirken gegen die Sorgen der Leute in der Einrichtung klein“, sagt Mahmuti Besart. Er spürt große Dankbarkeit für seine Dienste, die er seit über einem Jahr anbietet. „Die haben selbst kein Geld und trotzdem wollen mir viele fürs Haareschneiden unbedingt ein paar Cent geben. Es braucht nicht viel, um den Leuten eine richtige Freude zu machen.“ Er weiß, eine neue Frisur gibt vielen ein Stück mehr Selbstvertrauen und das Gefühl, einfach ein Mensch zu sein.
Bescheiden aufgewachsen
Mit acht Jahren übersiedelte Mahmuti vom Kosovo nach Wels. Sein Vater hatte zuvor Asyl bekommen und konnte die Familie nachholen. „Wir waren nie wirklich arm, haben anfangs aber wenig gehabt. Da lernt man teilen“, meint Mahmuti. „Ich schaue, dass ich in der Obdachloseneinrichtung immer wieder was von meinem Gewand hergebe.“ In der Großfamilie und unter seinen Freunden sei es selbstverständlich, dass man sich gegenseitig unterstützt. „Da wird gar nicht lange gefragt. Wenn jemand was braucht, dem wird geholfen. Das ist ein Muss“, betont der junge Welser. Manche Freunde haben ihn dennoch etwas schief angeschaut, als er erzählt hat, dass er „Sandlern“ die Haare schneidet. Mahmuti machte das wenig aus. Immerhin hat er quasi Übung darin, ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen. Gegen den Wunsch seines Vaters wählte er den Job in einer klassischen Frauendomäne. Eine dreckige Arbeit etwa als Automechaniker hätte er sich nicht vorstellen können. Er ist gerne Friseur, auch weil er den direkter Kontakt und das Gespräch mit den Kunden mag.
Traumjob Altenpfleger
Dennoch plant er kurz vor dem Ende seiner Lehrzeit wieder eine berufliche Veränderung. Inspiriert durch sein Engagement in der Obdachloseneinrichtung will er sich dem Sozialbereich zuwenden. „Ich möchte gerne die Ausbildung zum Altenfachbetreuer machen, in einem Seniorenheim arbeiten“, sagt er. Ein gewisses Extra hätte er dort jedenfalls zu bieten: „Ich würde den alten Menschen dort auch gerne die Haare schneiden.“