Oscar Romero ist seliggesprochen. Der Erzbischof von San Salvador wurde am 24. März 1980 während eines Gottesdienstes von Unbekannten erschossen. Der anfangs eher konservative Kirchenmann entwickelte sich zum kompromisslosen Verteidiger der Armen.
Ausgabe: 2015/22, Romeros, Seligsprechung, San Salvador, Brockman
26.05.2015
Die letzten Sonntagspredigten Romeros „gehören zu seinen denkwürdigsten. Die zunehmende Gewalt im Land, das Verschwinden von Alternativen zu ihr, seine in innerer Qual und innerem Zwang gegebene Antwort darauf und die immer stärker werdende Gewissheit, dass die Gewalttätigkeit auch ihn treffen könnte, wie sie so viele seiner Freunde getroffen hatte – so manche seiner Priester und Mitarbeiter – all dies gab seinen Worten eine Ausstrahlung, welche die Zuhörerschaft oft zum Applaus bewog“, schreibt Brockman.
Kindheit und Jugend
Oscar Arnulfo Romero ist am 15. August 1917 in Ciudad Barrios in ärmlichen Verhältnissen geboren worden. „In seiner Kindheit waren „die meisten Häuser mit Stroh gedeckt (...). Annehmlichkeiten wie Elektrizität wurden gar nicht vermisst, da niemand im Dorf sie besaß. Petroleum und Karbidlampen spendeten Licht. (...) Sein Vater war Telegraph und Posthalter, daneben pflanzte er auf zwanzig Morgen Land (...) Kakao und Kaffee an. Oscar Romero hatte sieben Geschwister, eine Schwester starb bei der Geburt. (...) Die Kinder lernten früh, die Kuh zu melken und bei anderen Alltagsarbeiten behilflich zu sein. (...) Sein Vater war gegen ein Studium und schickte Oscar zu einem Schreiner in die Lehre. (...) Er war ein ernsthaftes Kind, lernfreudig, friedfertig, ruhig, ein wenig scheu, tatkräftig, dynamisch und fromm.“ Bereits mit 13 Jahren hatte er den Wunsch Priester zu werden.
Wende
Zunächst war Romero ein eher konservativer Ordensmann. 1977 wurde er Erzbischof von San Salvador. Der Kontakt mit der armen Bevölkerung El Salvadors, die Konfrontation mit ihren Lebensbedingungen und die Ermordung seines Studienfreundes Rutilio Grande leiteten bei ihm eine Wende ein. Der Jesuit und Befreiungstheologe Grande, der in einer Landgemeinde die Option für die Armen pastoral umzusetzen versuchte und die Bauern ermutigte, sich zu organisieren und für ihre Rechte einzutreten, ist im Auftrag von Großgrundbesitzern ermordet worden. Diese Tat ließ Romero zum Anwalt der Armen werden. Immer mehr setzte er sich mit der sozialen und politischen Lage seiner Heimat auseinander und wurde den Mächtigen im Land zunehmend unbequem. Predigt. Einen Tag vor seiner Ermordung predigte Romero: „Ich weiß, dass viele an dem, was ich sage, Anstoß nehmen und sich beklagen, ich würde nicht mehr das Evangelium predigen und lasse mich unberufen in Politik ein. Ich nehme diese Beschuldigung nicht an. Nein, ich bemühe mich darum, dass wir, was das Zweite Vatikanische Konzil und die Versammlungen in Medellín und Puebla in uns fördern wollten, nicht nur auf dem Papier besitzen oder in der Theorie studieren, sondern leben und in dieser konfliktgeladenen Wirklichkeit interpretieren; dass wir das Evangelium predigen, wie es unserem Volk gepredigt werden muss. Ich bitte den Herrn die Woche über, während ich die Schreie und den Schmerz des Volkes aus so vielen Verbrechen sammle, die Niederträchtigkeit von so viel Gewalt in mich aufnehme, er möge mich das rechte Wort des Trostes, das rechte Wort der Anklage und des Aufrufs zur Reue finden lassen. Und sollte ich auch weiterhin eine Stimme in der Wüste sein, so weiß ich doch, dass die Kirche sich bemüht, ihren Auftrag zu erfüllen.“ Buchtipp: „Oscar Romero. Anwalt der Armen. Eine Biografie.“ Von James R. Brockman. Verlagsgemeinschaft topos plus 2015. Euro 26,95.
Seligsprechung
Bis zu 300.000 Menschen waren am vergangenen Samstag dabei, als Erzbischof Oscar Romero in San Salvador seliggesprochen wurde. Die Zeremonie leitete der italienische Kurienkardinal Angelo Amato. Er sagte, die Seligsprechung sei ein Fest des Friedens, der Brüderlichkeit und der Vergebung. Romero nannte er einen „Propheten der Nächstenliebe und der Liebe Gottes“. Papst Franziskus bezeichnete Romero in einer Grußbotschaft als einen der „besten Söhne der Kirche“. Der ermordete Erzbischof habe als Märtyrer den Glauben und die christliche Barmherzigkeit mit seinem Leben bis zum Extrem bezeugt, sagte der Papst.