„Konfliktberatung klingt negativ, ist sie aber nicht“
Wenn der Pfarrer in Pension geht und es den Gläubigen Kopfzerbrechen bereitet wie es weitergehen kann, ist die Gemeindeberatung zur Stelle. Bei Konflikten in den Pfarren hilft der Blick von außen zur Klärung.
„In der Fülle der Nöte und der Ideen, die wir hatten, hat uns die Beratung geholfen, Schwerpunkte zu setzen“, sagt Reinhard Wimmer, Dekanatsassistent von Andorf. Das Dekanat ließ sich etwa eineinhalb Jahre hindurch von zwei diözesanen Gemeindeberater/innen, von Martin Schachinger und Sr. Teresa Schlackl SDS begleiten. Sie bereiteten mit dem Dekanatsteam Sitzungen vor, moderierten Plenartreffen und achteten immer darauf, dass der rote Faden nicht verloren geht. Dreizehn Männer und Frauen sind in der Diözese als Gemeindeberater/innen tätig. Durchschnittlich begleiten sie jeweils zu zweit, wenn möglich ein Mann und eine Frau, acht bis zehn Projekte im Jahr. 2010 war mit 26 Einsätzen das Spitzenjahr, auch 2009 und 2011 ragen mit 15 Projekten heraus. Rund ein Drittel der Aufträge bezieht sich auf die Begleitung von Entwicklungsprozessen in Dekanaten wie zum Beispiel in Andorf und in Pfarren. „Ein tolles Entwicklungsprojekt haben wir gerade in der Pfarre Altenberg. Es ist aus einer Pfarrgemeinderatsklausur herausgewachsen, bei der Bilanz über die abgelaufene Periode gezogen wurde“, erzählt Martin Schachinger: „Unsere Aufgabe ist nun, die hohe Motivation der Pfarrgemeinderäte in Strukturen zu bringen, damit der Pfarrgemeinderat gut arbeiten kann.“ Bei Konflikten unterstützen. Zu den Aufgaben der Gemeindeberater/innen gehört auch die Hilfe bei Konflikten: etwa bei Spannungen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen, oder wenn im Alltag der Pfarre Kommunikationswege nicht klar sind oder nicht eingehalten werden. „Alleine, dass man jemanden von außen holt, ist schon oft ein erster Schritt zur Klärung“, weiß Schachinger aus Erfahrung: „Konfliktberatung klingt negativ, ist sie aber nicht.“ Auch wenn sich in Pfarren Veränderungen abzeichnen, steht die Gemeindeberatung zur Verfügung, zum Beispiel wenn kein Priester mehr vor Ort wohnen wird. Schachinger betont: „Basis der Gemeindeberatung ist das Vertrauen, dass die Kirche eine lernende Organisation ist, in der die Kräfte zur Erneuerung grundgelegt sind.“ Auf dem Weg zur Vertrauenskirche. Alfred Steininger, PGR-Obmann in Zell an der Pram und Mitglied der Dekanatsleitung Andorf, fand es entlastend, dass sich bei ihrem Dekanatsprozess die Berater um die Struktur der Treffen kümmerten, während man sich selbst ganz auf die Inhalte konzentrieren konnte. Die Begleitung war auf jeden Fall ein Gewinn. Sie half ihnen, Arbeits-Schwerpunkte zu finden. Einen greift Steininger heraus: „Wir wollen eine Vertrauenskirche werden, die die Menschen ernst nimmt, sie begleitet und ihnen zutraut, ihr Leben zu gestalten.“
Zur Sache
Gestaltungseifer darf nicht vertrocknen
Der Pionier der Gemeindeberatung in der Diözese Linz und in ganz Österreich war Sepp Weichselbaumer, stellvertretender Leiter des Pastoralamts. Er beobachtete in den 1980-er Jahren Veränderungen in den Pfarren, die neue Antworten brauchten: Die Pfarrgemeinderäte mussten wegen des steigenden Priestermangels oder wollten aus ihrem Selbstverständnis heraus mehr Verantwortung übernehmen. „Besonders bei Pfarrgemeinderats-klausuren bemerkte ich viel Gestaltungseifer, der aber im Pfarr-alltag oft vertrocknete und zu Resignation führte.“ Die Gemeindeberatung der evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau, auf die er per Zufall gestoßen ist, bot das Handwerkszeug, das er suchte. Er machte die Ausbildung mit und bekam 1986 bis 1988 die entsprechenden Zulassungen – die Gemeindeberatung der Diözese Linz war geboren. Bald begann er mit österreichweiten Ausbildungskursen.