Papst Franziskus hat in seiner Umweltenzyklika „Laudato si‘“ hinsichtlich der Umweltkrise zu einer gemeinschaftlichen Umkehr aufgerufen. Die heurige „Fachtagung Weltkirche“ in Lambach widmet sich dieser Thematik und beschäftigt sich mit Schritten zu einer ökologischen Umkehr. Einer der Referenten/innen ist KOO-Geschäftsführer Heinz Hödl.
Ausgabe: 2017/29
18.07.2017 - Interview: Susanne Huber
Wie kann Ihrer Meinung nach eine tiefgreifende ökologische Umkehr gelingen?
Heinz Hödl: Eine ökologische Umkehr ist untrennbar verbunden mit einer sozialen und wirtschaftlichen Umkehr, weil vor allem aus der Wirtschaft heraus durch den Ressourcenverbrauch stark eingegriffen wird in die Natur.
Eine nachhaltige Wirtschaft bedeutet:
Heinz Hödl: Weg von der Agrarindustrie hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft; weg vom Atomstrom hin zu erneuerbaren und umweltfreundlichen Energieformen wie Sonnenenergie; weniger Konsumismus und weg von der Wegwerfkultur. Von den Nahrungsmitteln, die allein in Wien weggeworfen werden, könnte Graz leben. Eine nachhaltige Wirtschaft hängt auch eng mit einer gerechten Steuerpolitik zusammen. Durch Steuervermeidung, Steuerkorruption, Schlupflöcher oder Steueroasen gehen der EU jährlich 1000 Milliarden Euro verloren. Diese Mittel fehlen für Bildung, für Gesundheit, für Soziales und für eine Förderung der ökosozialen Wirtschaft in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Was macht für Sie ein verantwortungsbewusster Lebensstil aus?
Heinz Hödl: ... wenn ich bewusst regionale, saisonale oder fair gehandelte Produkte kaufe; wenn ich Dinge nicht gleich wegwerfe und neu besorge, sondern repariere; wenn ich weniger Fleisch esse und Plastik vermeide. Ein verantwortungsvoller Lebensstil hat auch wieder mit nachhaltiger Wirtschaft zu tun. Das reicht von Kleidung über Mobilität bis hin zur Produktion. 50 Prozent des CO2-Ausstoßes wird durch die Produktion eines Autos verursacht. Da hilft uns das Elektro-Auto noch nicht wirklich, denn auch das muss produziert werden, der Strom dafür muss produziert werden. In einem Elektro-Auto finden sich ca. 80 kg Kupfer und andere Metalle – da sind wir bei den Konfliktmineralien und deren Abbau.
Durch die Ausbeutung der Natur kommt es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen ...
Heinz Hödl: Wir wissen, dass über 40 Prozent innerstaatlicher Konflikte aufgrund des Mineralienabbaus verursacht werden. Meistens wird er von internationalen Konzernen betrieben, zum Teil auch illegal. Die Bevölkerung vor Ort profitiert davon nicht. Und dieser Ressourcenabbau hängt zudem mit der sozialen Komponente zusammen – es fehlt an Menschenrechten, an sozialen Rechten, an Arbeitsrechten. Das muss gestoppt werden.
Wie kann in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, den Lebensstil zu ändern?
Heinz Hödl: Grundsätzlich ist Lebensstil etwas, das wir dem Einzelnen zurechnen. Aber können wir unseren Fußabdruck alleine halbieren? Das geht schwer. Ich glaube, dass der Einsatz jedes Einzelnen wichtig ist und wir brauchen all die Alternativen; aber die Politik muss die Verantwortung übernehmen. Wenn in Österreich zu wenig öffentliche Verkehrsmittel und Fahrradwege angeboten werden, dann können viele Leute ohne Auto nicht zur Arbeit kommen. Der Papst sagt in „Laudato si‘“, dass alltägliche Verhaltensänderungen, so wichtig sie sind, nicht reichen; es sei „nicht genug, dass jeder Einzelne sich bessert. (...) Auf soziale Probleme muss mit Netzen der Gemeinschaft reagiert werden, nicht mit der bloßen Summe individueller positiver Beiträge.“
Welche Bedeutung hat die Umweltenzyklika des Papstes für Sie persönlich?
Heinz Hödl: Sie ist ein großartiger Schritt, für mich persönlich, für meine Arbeit, für mein Wirken in der Kirche und in der Gesellschaft. Sie bestärkt, sie gibt Hoffnung, aber sie fordert auch heraus, weil große Überzeugungsarbeit dahintersteckt. Ihr ganzheitlicher Ansatz bereichert meine Spiritualität, weil alles im Leben zusammenhängt. Menschsein hat nicht nur mit Leistung zu tun. Entwickle ich die Liebe zur Natur, dann erfüllt mich das und ich muss nicht nach anderen Dingen streben. «