Es ist heiß, man hat Durst, greift zur Flasche und dreht am Schraubverschluss. Bis man den erlösenden Schluck getrunken hat, legt man im Schnitt 105 Meter mit dem Auto zurück – mehr oder weniger im Blindflug. Das und noch mehr haben Experten des ÖAMTC kürzlich errechnet.
Ausgabe: 2015/26, autofahren, Ablenkung, ÖAMTC
23.06.2015 - Brigitta Hasch
Viele Menschen verbringen einige Stunden am Tag hinter dem Steuer ihres Wagens. Die Fahrt zur Arbeit, zum Einkaufen oder auch in den Urlaub wird dabei gerne für eine Reihe von anderen Tätigkeiten „genutzt“. Dazu zählen an oberster Stelle Telefongespräche und andere Kommunikationsformen – wie SMS, Apps oder Emails – am Smartphone. Aber auch Essen und Trinken, das Suchen und Aufsetzen der Sonnenbrille oder das Beruhigen der Kinder auf den Rücksitzen sind Beschäftigungen, die massiv die Reaktionszeit beeinträchtigen.
Unaufmerksam am Steuer
Eine neue Studie des ÖAMTC liefert genaue Zahlen zu dem, was ohnehin zu erahnen war: Nebenbeschäftigungen am Steuer mindern die Verkehrssicherheit. Im Test wurden die Blickabwendungen und die Zeit ohne Lenkradkontakt gemessen. Dazu wurden die Fahrer/innen mittels Video überwacht, ihre geistige und körperliche Aktivierung wurde mittels EKG und EEG gemessen.
Nahezu im Blindflug unterwegs
Beim Tippen am Navigationsgerät oder Handy und beim Suchen nach der Sonnenbrille ist klar, dass der Blick von der Straße abweicht, und das für mehrere Sekunden. Fährt man in dieser Zeit mit einem Tempo von 30 bis 50 Stundenkilometern, ist man 40 Meter und mehr im Blindflug unterwegs und kann etwa einem plötzlichen Hindernis nur schwer ausweichen. Eher überraschend scheint, dass man auch während eines Telefongespräches – also nicht beim Eintippen der Nummer – oft nach links und rechts schaut. Beim Überlegen und Nachdenken wendet man den Blick ganz unbewusst von der Fahrbahn ab.
Freihändig fahren
In der Tasche kramen, essen, trinken oder gar das Spielzeug des Kindes am Boden suchen – es sind vermeintlich harmlose Tätigkeiten, für die man eine oder gar beide Hände vom Lenkrad nimmt. Ein Sicherheitsrisiko, das als solches oft nicht eingeschätzt wird.
Noch mehr Störenfriede
Zum Thema: „Was empfinden Autofahrer/innen als Ablenkung?“ gibt es diverse Umfragen. Neben den erwähnten Betätigungen mit digitalen Medien werden vor allem herunterfallende Gegenstände, Kinder oder Tiere im Auto, das Richten des Sitzes oder der Spiegel sowie das Rauchen als Ablenkungen wahrgenommen. Kommt es zu einem Unfall, kann nicht jeder Störfaktor nachgewiesen werden. Prinzipiell gilt allerdings, was fürs Autofahren nicht notwendig ist und ablenkt, ist untersagt. Unfälle, die durch Ablenkung entstehen, können zum kompletten Verlust des Versicherungsschutzes führen, wenn der Fahrzeuglenker grob fahrlässig gehandelt hat.